Schreibblockaden meistern

Jeder kennt sie und jeder Autor verflucht sie: die Schreibblockaden. Man will etwas zu Papier bringen, den eigenen Roman vorwärts bringen, aber aus irgendeinem Grund spielt Motivation oder Inspiration nicht mit. Hält diese Phase länger an, kann das zu Frust und Ärger führen und letztlich auch dazu, dass Schreiben plötzlich nicht mehr ein Hobby ist sondern zum Zwang wird.
Das Wichtigste hierbei: Du bist nicht allein! Selbst die besten Autoren fallen gelegentlich in dieses Loch.

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Tipp 1: Ursprungssuche

Alltag
Warum stecke ich fest? Dafür kann es unheimlich viele Gründe geben, auf die man manchmal mehr, manchmal weniger Einfluss hat. Für viele Autoren ist das Schreiben eine Nebentätigkeit. Der Alltag wird bestimmt vom Job, Beziehung, eventuell Kindern, die ständige Aufmerksamkeit einfordern, soziale Pflichten usw. Heutzutage bleibt einem da kaum Zeit für sich selbst. Das Leben ist oft hektisch und unvorhersehbar, sodass die Kapazitäten für kreative Prozesse durchaus gedrosselt sein können.

Plot
Wo will ich hin? Kenne ich meinen Weg? Meine Charaktere? Fehlt einem dieses Wissen, fällt es schwer, einen Übergang zu einem neuen Kapitel zu finden oder einen Dialog authentisch zu gestalten. Vielleicht ist man auch nicht in der richtigen Stimmung für einen emotionalen oder humorvollen Text, den es an dieser Stelle braucht.
Lass die betreffende Passage aus. Markiere sie mit [ ] oder hebe sie farblich hervor, um später noch einmal darauf zurückzukommen.
Zudem kann ein Plotübersicht für einen regelmäßigen Schreibfluss sehr hilfreich sein. Wenn man weiß, welche Konflikte die Figuren meistern müssen und welchen Problemen sie sich gegenüber sehen, ist es leichter, diese auszuformulieren.
Aber Achtung, denn ein zu strenges Konzept kann die Kreativität einschränken. Die Charaktere müssen Raum haben, um sich zu entwickeln. Manche machen sich während des Schreibens selbstständig. Sie entwickeln sich in eine Richtung, die so nicht vorgesehen war. Die Geschichte und den Protagonisten dann zurück in den vorgesehenen Rahmen zu drängen, führt in vielen Fällen nur zu Frust und einem Gefühl einer zwanghaften Story.
Lass deiner Handlung ein wenig Freiheit. So lassen sich auch Ideen, die dir inmitten eines Kapitels einfallen, gut unterbringen.

Selbstzweifel
Auch dieses Gefühl ist unter Autoren sehr verbreitet. Allein in Deutschland werden pro Jahr weit über 70.000 Bücher veröffentlicht. An einen Verlag zu kommen, bedeutet viel Arbeit und vor allen Dingen viel Glück. Bücher im Self-Publishing müssen gut vermarktet werden und auch da spielt der Zufall und das richtige Timing eine essentielle Rolle. Das schafft enorm viel Druck, selbst für Hobby-Autoren. Man will sich keine Fehler erlauben und der Perfektionismus legt einem nicht nur Steine sondern ein ganzes Gebirge in den Weg.
Wenn du alte Texte aus deiner Schulzeit hast, Geschichten, die du vor Jahren geschrieben hast, nimm sie zur Hand und lies sie durch. Du wirst erstaunt sein, welche Entwicklung dein Schreibstil durchgemacht und wie er sich verändert hat. Mit jedem Satz lernen wir dazu und werden besser. Dieser Lernprozess hört niemals auf.

Übung:
Stell dir vor, dein Buch wurde von einem Verlag angenommen. Sie sind davon hellauf begeistert und schwingen die Werbetrommeln. Nach über einem Jahr ist es endlich soweit und du bist bereit, dein Werk der Öffentlichkeit vorzustellen. Der Verlag hat gute Arbeit geleistet und die Ankündigungen haben große Wellen geschlagen. Alle warten auf deinen Roman. Für die Präsentation bist du in eine Talkshow eingeladen worden und sollst dort über dein Buch reden. Und nun lass diesen Auftritt grandios scheitern! Zieh ihn ins Lächerliche, lass es richtig peinlich werden und bade in deinen Selbstzweifel! Je unangenehmer, desto besser!

Tipp 2: Abstand schaffen

Eine Geschichte zu erschaffen, sich Figuren und Handlungen auszudenken und sie bildlich und emotional niederzuschreiben, erfordert viel Hirnschmalz. Gönne deinem Kopf eine Pause und schaffe Distanz zwischen dir und der Welt, die du erschaffen hast. Oft hilft es auch schon, sich einer ganz anderen, neuen (Kurz-)Geschichte zu widmen. Etwas, worüber du nicht nachdenken oder das du nicht plotten musst.
Denk zurück an deine Schulzeit. Sitzt man über derselben Kurvengleichung zu lange, verschwimmen die Zahlen vor einem irgendwann. Man dreht sich mit den Gedanken im Kreis. Genauso funktioniert das Gehirn beim Schreiben. Lass dir ein paar Tage Zeit, vielleicht auch länger. Schaff dir Raum für neue Ideen und gib deiner Kreativität eine andere Aufgabe.

Tipp 3: Tägliches Schreiben

Das heißt nicht, dass man am aktuellen Projekt weiterschreiben soll. Es muss nicht einmal bedeuten, dass das Geschriebene in irgendeiner Weise Sinn ergeben muss. Kreativität ist ein Talent, das verkümmern kann. Es will trainiert werden wie ein Muskel. Vernachlässigt man das Training, leidet der Einfallsreichtum darunter. Aber keine Sorge, für Fantasie muss man sich nicht aufs Laufband stellen oder an die Hantelbank gehen.
Alles, was man dazu benötigt, ist ein Laptop oder - ganz altmodisch - Stift und Papier. Ein anderes Medium zu benutzen, kann gewisse Hirnregionen fördern, die bei diesem Prozess hilfreich sein können.
Setz dich also hin und schreibe. Ganz egal, was es ist. Kein Druck, keine Vorgaben. Folge deinem Bauchgefühl. Du kannst dir auch tägliche Ziele setzen. Eine gewisse Wortzahl oder eine Zeitvorgabe. Das ausgeschüttete Dopamin, wenn man sein Ziel erreicht hat, steigert die Motivation ungemein. Solltest du dennoch nicht wissen, was du schreiben sollst, habe ich hier ein paar Vorschläge für dich:

Alltagsgegenstände
Öffne die Schublade oder den Kasten, der dir am nächsten ist und greife nach dem ersten Gegenstand, den du in die Finger bekommst. Und nun beschreibe diesen Gegenstand. Wie sieht er aus, wie fühlt er sich an, besitzt er einen speziellen Geruch, was ist sein Nutzen?
Hast du das geschafft, lass deiner Fantasy freien Lauf. Was passiert, wenn Gegenstände wie dieser plötzlich verschwinden würden? Was würden Aliens dazu sagen, würden sie die Menschheit anhand dieses Gegenstands einschätzen? Wie könnte ich ihn kaputt machen? Oder was würde passieren, wenn dieser Gegenstand plötzlich vergöttert oder verboten werden würde? Tob dich aus!

Was wäre, wenn …
… du dir eine Superkraft aussuchen könntest, sie aber einen unangenehmen Nebeneffekt besitzt?
Du könntest also zum Beispiel teleportieren. In jede Stadt, an jeden Ort, in jede Ecke dieser Erde. Aber wenn du dort ankommst, bist du nackt. Oder du kannst fliegen, allerdings nur in Schrittgeschwindigkeit. Du kannst dich wahlweise auch in jedes beliebige Tier verwandeln, aber nicht steuern, wann du dich verwandelst. Erschaffe eine verrückte Welt, in der alles möglich ist und finde dazu eine lustige Nebenwirkung.

Die moderne Welt
Wähle einen fiktionalen Charakter, den du magst. Dabei hast du freie Wahl. Balu, der Bär, die sieben Zwerge, Sherlock Holmes, Bibi Blocksberg, Harry Potter oder Homer Simpson und setze sie in deine Zeit und die moderne Welt.
Wie würden sie reagieren? Was würden sie machen? Würden sie einen Weg suchen, um zurück in ihre Zeit/Welt zu gelangen oder bekämpfen sie das Böse in der Welt mit Kartoffelbrei und ihrer tollkühnen Crew? Erzähle ihre Geschichte und lass dich von deinen Ideen treiben.

Tipp 4: Scrollverbot

Konzentriere dich wirklich aufs Schreiben. Erstelle eine Plotübersicht, du kannst dabei auch die einzelnen Kapitel grob skizzieren, bevor du anfängst. Jeder hat da seine eigenen Präferenzen und Methoden, die für ihn funktionieren. Und dann: schreibe!
Schreibe und kehre nicht mehr zu Absätzen zurück, die nicht mehr auf dem Bildschirm zu sehen sind. Fallen dir Details zu vorherigen Dialogen oder Szenen ein, notiere sie auf ein Blatt Papier (gut aufheben!) und wende dich wieder dem eigentlichen Schreiben zu. Schau nicht zurück und beende den Plot, wie du ihn im Kopf hast oder er sich durch die Entwicklung ergibt.
Das ist nicht leicht und ich selbst habe damit immer wieder zu kämpfen. Aber schiebe deinen Perfektionismus zur Seite und bringe deine Geschichte erst einmal zu Papier. Denk nicht zu viel über Dialoge nach, die noch etwas gezwungen klingen oder Übergänge zwischen den Kapiteln, die sich wie das Kratzen auf einer Schiefertafel anhören, denn das hier ist nur der erste Entwurf. Und es ist völlig in Ordnung und normal, dass er nicht perfekt ist.
Hast du deine Geschichte erst einmal beendet, kannst du mit der Überarbeitung anfangen. Die grobe Handlung steht, nun geht es an den Feinschliff und darum, den Charakteren und Situationen zusätzliche tiefe und Emotionalität zu verschaffen.
Nimm dir mehrere Überarbeitungsrunden vor und konzentriere dich dabei immer auf einen wesentlichen Punkt. Grammatik und Rechtschreibung, Figurenentwicklung, Dialoge, Stil und Ausdruck, Spannungsbogen usw. Gehe Schritt für Schritt vor. Hast du Zweifel, dann nimm deinen Originaltext und vergleiche ihn mit den ersten Überarbeitungen. Du wirst sehen, wie viel sich verändert hat.

Tipp 5: Schreibbuddies

Schreiben ist eine sehr einsame Tätigkeit, aber das lässt sich ändern! Schreibbuddies sind eine enorme Motivation und zugleich eine Hilfestellung für Plotlücken, die sich beim Schreiben ergeben. Das Konzept dahinter ist recht einfach: Man tauscht sich aus, stellt seine Ideen und Projekte vor und spricht einfach darüber. Die Diskussion allein kann dabei schon einige Blockaden lösen.
Zudem bekommt man eine objektive Perspektive zum eigenen Plot, die einem selbst vielleicht gar nicht aufgefallen ist. Man liest die Texte, Romane und Kapitel des anderen und gibt dazu ein Feedback - wie Testleser es auch machen. Allerdings liegt der Fokus hier tatsächlich auf dem Austausch und das Miteinander.
Auf Social Media gibt es eigene Gruppen dafür und es lohnt sich, in Autorengemeinschaften danach zu fragen. Vielen ist diese Art der Motivationsfindung gar nicht bekannt.

Kleiner Tipp: Bitte um einen kurzen Text deines Schreibbuddies im Anschluss an eines deiner Kapitel. Wie würden die Charaktere aus seiner Sicht nun agieren? Wie würde die Geschichte seiner Meinung nach weitergehen? Es reicht oft schon eine Seite oder auch nur wenige Sätze, um neue Ideen und Handlungsstränge zu entwickeln.

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Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, seiner Fantasie in den Hintern zu treten. Es ist vollkommen in Ordnung, eine Pause einzulegen. Aber leg den Stift nicht ganz zur Seite und lass das Schreiben nicht zu einer Pflicht werden.
Erinnere dich daran, warum du damit angefangen hast, die Geschichten in deinem Kopf in Worte zu fassen, eine Welt zu erschaffen, die allein dir gehört und die du nach deinen Belieben und deiner Stimmung formen und gestalten kannst. Bleibe klar, selbstbewusst und jage nicht deinem Perfektionismus hinterher.
Das Schöne am Schreiben ist, dass deine Geschichte sich kontinuierlich weiterentwickelt - so wie du! Dein Ziel ist es, dass es sich hier und jetzt richtig anfühlt. Ein makelloses Manuskript gibt es nicht. Aber es ist dein Projekt und deine Arbeit. Es soll in dir den Stolz auslösen, den du verdient hast!

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